Erfolgreiches Recruiting ist ein Marathon
In dieser Interview Serie blicken wir mit Recruiting-Experten aus diversen Fachbereichen in die Zukunft. Wir erkunden, wie man sich als Arbeitgeber oder Personaldienstleister wirklich unterscheiden kann und beleuchten Trends und Geheimtipps für die Suche nach Spitzentalenten und die Besetzung von Stellen in Branchen, in denen Fachkräfte knapp sind. Dieses mal durften wir Trainerin und Personalberater Coach Simone Straub zum Interview einladen.
Simone, durch deine jahrelange Erfahrung in der Branche hast du bestimmt schon viele Trends im Recruiting kommen und gehen sehen. Wie lautet deine persönliche Top 3 der Trends im Recruiting?
„Meine 3 TOP Trends sind eigentlich keine wirklichen Trends sondern Evergreens. Bevor wir dauernd in die Ferne schweifen und immer neuen Technologien, Plattformen und Hacks nachjagen, sollten wir zuerst die Grundlagen konsequent beherzigen. Gerade wenn man tagtäglich mit Recruiting zu tun hat, holt jeden irgendwann die Routine ein. In diesem Fall darf man sich gern hin und wieder an wichtige Basics erinnern.
1. Persönliches, wertschätzendes und authentisches Arbeiten
Seinen Gegenüber als Individuum erkennen. Sich interessieren, fragen, zuhören. Über den Status Quo der Bewerbung informieren. Ehrliche und konstruktive Rückmeldungen geben, wenn ein differenziertes Feedback eingefordert oder angebracht ist. Es sollte nicht vergessen werden, dass ein Jobwechsel für unsere Kandidaten immer eine entscheidende Veränderung im Leben darstellt. Das bedingt einen sorgfältigen Umgang mit all dem, was damit verbunden ist.
2. Dauerhafte Bemühungen um Talent
Erfolgreiches Recruiting ist schon längst nicht mehr nur ein Sprint, sondern ein Marathon. Wen das Thema nur beschäftigt, wenn er gerade einmal jemanden einstellen möchte, der wird sich gerade in Engpassmärkten wie IT oder Engineering schwer tun. Das Talent Netzwerk aufbauen und sich konsequent darum kümmern, es pflegen, ist extrem wichtig. Persönliche Empfehlungen sehe ich noch immer als eine der wichtigsten Quellen für qualitative Kandidaten. Allerdings bekommt man nur Zugang zu den Netzwerken der Kandidaten, wenn eine Bekanntheit und Vertrauensbasis zwischen Empfehlungsgeber und Empfehlungssuchendem besteht. Da diese Basis selten im ersten Kontakt entsteht, ist eben eine Pflege der Kontakte so wichtig.
3. Systematisches Vorgehen
Wege aus dem Kandidatenmangel lassen sich grob in zwei Bereiche aufteilen: mehr Quellen erschließen und bestehende Quellen besser nutzen. Im letzten Bereich liegt noch wahnsinnig viel Potenzial. Die Suche und das Sourcing von Kandidaten erfolgt in den meisten Fällen leider noch immer zu intuitiv. Ein gutes System und eine ordentliche Vorbereitung steigern den Erfolg einer Stellenbesetzung signifikant. Leider hapert es diesbezüglich auch oft genug bei denen, die es eigentlich besser können sollten: den Personalberatern.“
Genau diese Personalberater berätst du täglich zu diversen Aspekten ihrer Tätigkeit. Verrätst du uns deine Geheimtipps wie man sich als Recruiter wirklich am Markt unterscheiden kann?
„Da komme ich auf Punkt 1 meiner Antwort auf die erste Frage zurück: Die meisten Menschen hören nicht mit der Absicht zu, zu verstehen – sie hören mit der Absicht zu, zu antworten. Um positiv im Gedächtnis der Kandidaten zu bleiben, sollten die folgenden Punkte konsequent berücksichtigt werden:
● Menschlich sein.
● Wertschätzung und Verständnis zeigen.
● Kontakt halten.“
Fallen dir konkrete Beispiele einer besonders ansprechenden Strategie ein?
„Es gibt einige Unternehmen, dessen Recruitingbemühungen ich am Markt sehr positiv wahrnehme. Sie sprechen mich an. Das ist aber auch genau der Punkt: sie sprechen MICH an. Ich bin aber auch nicht die Zielgruppe von jedem Unternehmen am Markt. Die Strategie muss immer auf die Präferenzen und Gewohnheiten meiner Zielgruppe abgestimmt sein. Ich bewege mich viel in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Auf diese bezogen muss man klar sagen, dass sich viele noch am Anfang des Themas „Recruiting Strategie“ befinden. Dort hängt überzeugendes und erfolgreiches Recruiting am einzelnen, an der Person des Recruiters. Schafft dieser es, den Interessenten „einzufangen“ und zu binden, auf Impulse des Marktes zu hören und auf diese passend zu reagieren, ist schon viel gewonnen.“
Es gibt unzählige Wege Spitzentalente in einem bestimmten Fachgebiet zu erreichen. Welcher ist Ihrer Meinung nach entscheidend?
„Die richtige Mischung, abgestimmt auf die Bedürfnisse meiner Zielgruppe, macht’s. Meine persönliche Meinung ist, dass sich die Menschen mehr und mehr aus der Informationsflut des www zurückziehen werden, um sich wieder mehr auf ‚Das Reale‘ und die persönlichen Netzwerke zu konzentrieren. Der Trend geht zur Achtsamkeit, sich wieder auf eine Sache, auf das Wesentliche zu konzentrieren und alles ‚Überflüssige‘ auszublenden. Social Media etc wird zukünftig nur noch sehr selektiv genutzt und jeder wählt sehr genau, was ihn erreichen darf. Umso wichtiger ist es, den Kontakt zum Menschen nie zu verlieren und auf das Persönliche zu setzen. Denn das wird nicht automatisierbar sein. Das wissen die Menschen mehr und mehr zu schätzen – wer fühlt sich schon gern als Nummer?“
Der wirksame Einsatz von Technologie und Automatisierung wurde in unserem Recruiting-Trendbericht 2018 von Personaldienstleistern als eine der wichtigsten Herausforderungen für dieses Jahr genannt. Welche Rolle wird Technologie in der Zukunft des Recruitings deiner Meinung nach spielen?
„Eine Große. Sie wird den Recruiter unabdingbar dabei unterstützen, seine Arbeit effizienter zu tun. Den Zugewinn an Zeit sollte dieser dann aber nicht nutzen, um noch mehr „Masse“ zu machen, sondern um Zeit in die qualitativen Komponenten der Arbeit zu investieren.
Technik wird meines Erachtens nach NIE den Recruiter in Fleisch und Blut komplett ersetzen. Am Ende ist Recruiting immer noch ein ‚people business‘.“
Gespannt auf weitere wertvolle Recruiting Tipps und Tricks von Simone Straub?
Auf Ihrem eigenen Youtube-Kanal und über Ihren Blog teilt Simone regelmäßig jede Menge Tipps und Tricks zum Personalberater-Alltag.